Ein Polychrest in der Homöopathie (Alleskönner)
Als Polychreste werden jene homöopathischen Arzneien bezeichnet, die in der Alltagspraxis überproportional häufig verschrieben werden – zum einen, weil sie ein vergleichsweise breites Wirkungsspektrum haben, zum anderen, weil in 200 Jahren Homöopathie besonders viele Erfahrungen mit ihnen gesammelt wurden.
«Ubi virus, ibi virtus», auf Deutsch: «Wo Gift ist, ist Tugend» oder „Die Dosis macht das Gift“. Eine Aussage von Paracelsus, der damit andeutete, dass aus starken Giften ausgezeichnete Heilmittel hergestellt werden können und bei keiner anderen Substanz gilt das mehr als bei ARSEN.
Arsen ist ein zur Stickstoffgruppe gehörendes Halbmetall. Es macht das Gewebe widerstandsfähig und schützt vor Zerfall, weswegen es früher vorsorglich gegen Alterungsprozesse eingesetzt wurde. Man gab kleine Mengen davon den Haustieren, die zum Kauf angeboten wurden. Das Fell wurde dadurch glänzend und das Tier schien generell jünger zu sein, um dadurch einen höheren Preis einzustreichen.
Arsenik ist, wie alle leicht resorbierbaren Arsenverbindungen, hoch toxisch. Die Symptome von akuten Arsenvergiftungen sind blutige Brechdurchfälle, Graufärbung und Erschlaffung der Haut, Kreislaufkollaps und Atemlähmung. Schleichende Vergiftungen äußern sich in Hautkribbeln, Kopfschmerzen, polyneuritischen Erscheinungen. Arsenik ist krebserzeugend. Entsprechend dem Grundsatz der Homöopathie „Simila similibus curentur“ wird diese Mittel auch genau gegen diese Symptome eingesetzt.
Als Mordgift war es in früheren Zeiten sehr beliebt, bis es 1836 gelang, einen sehr empfindlichen Nachweis für Arsenverbindungen zu entwickeln.
Wirkung von Arsenicum album in der Homöopathie
Angst mit Unruhe – Kein Mittel hat mehr UNRUHE als dieses und es steht an der Spitze aller Mittel, welche die Empfindung BRENNEN haben, die durch Wärme/Hitze gebessert wird. Der Arsen-Mensch ist gekennzeichnet durch eine tiefsitzende Angst, die sich bis zur Todesangst steigern kann. Es können noch so viele Arsenicum-Symptome bei einem kranken Menschen auftreten, wenn die Angst und die daraus erwachsende Unruhe nicht vorhanden sind, wird Arsenicum keine Hilfe bringen. Die Patienten sind sehr schwach, trotzdem müssen sie, von ihrer Angst getrieben, andauernd die Lage verändern, von Bett zu Bett oder von Stuhl zu Stuhl hetzen. Arsen wird von seiner ANGST zur Bewegung getrieben, ohne körperliche Erleichterung.
„Arsenicum-Menschen“ werden vor allem von Verlustängsten gequält. Mit harter, akribischer Arbeit haben sie sich Besitz angeeignet und hängen sehr daran. Arsenicum steht im Repertorium (Symptomenverzeichnis) als wichtigstes Heilmittel in der Rubrik «Geiz». Während des ganzen Lebens fürchten sie sich vor Einbrechern oder Dieben, die ihnen etwas wegnehmen könnten. Das Schlimmste für Arsen ist das Alleinsein. Er hat oft Gedanken von Unheil, Krankheit und Tod. Jede geringste Anstrengung erschöpft ihn so sehr, dass er nicht mehr tun kann.
Loslassen ist ein grosses Problem für ‹Arsenicum-Menschen›, und das endgültige Loslassen beim Sterben fällt ihnen ganz besonders schwer. Nicht nur, weil sie all die irdischen Dinge zurücklassen müssen, sondern auch, weil der Tod mit einer totalen Ungewissheit und Einsamkeit verbunden ist. Deshalb erleichtert Arsen jenen Menschen, die schwer loslassen können, im Endstadium als sanfte Sterbehilfe, den Übergang.
Arsenicum kann bei Krebskranken mit entsprechenden Symptomen den Verlauf günstig beeinflussen (selbst während einer Chemotherapie) und Schmerzen stillen. ‹Arsenicum-Menschen› haben große Angst, an Krebs oder einer anderen «sterbepflichtigen» Krankheit zu leiden. Trotz großer Angst vor dem Tod können sie sich in ihrer Verzweiflung das Leben nehmen (erhängen). Arsenicum-Menschen sehen leidend aus, ihr Gesicht ist blass, fahl und sieht alt aus, die Lippen sind oft bläulich. Die Augen sitzen tief in ihren Höhlen.
Ihr Wunsch nach Perfektion, Pünktlichkeit, Ordnung und Sauberkeit ist ein weiterer wichtiger Anhaltspunkt bei der Mittelwahl. Der Arseniker neigt zu unsinniger, peinlicher Genauigkeit und ruht nicht, bis jedes Ding an seinem Ort steht. Das verlangt er auch von seinen Mitmenschen. Er ist aber auch voller Mitleid und Mitgefühl für die Probleme seiner Mitmenschen, vor allem der Familie. Für den Frieden und die Harmonie seiner Lebensgefährten kämpft er bis zum Umfallen. Als teilweise kompromissloser Mensch ist er eher bereit zu sterben, als „Prinzipien“ aufzugeben.
Arsenicum-Menschen sind empfindlich. Sie reagieren übermässig auf Kälte, Licht, Gerüche (Parfum, Blumen, Tabak), Geräusche (Kinder, Hunde, Kirchenuhr), Nahrungsmittel (Milch, Weizen, Zucker, Gemüse), Reizmittel (Alkohol, Kaffee, Tabak). ‹Arsenicum-Menschen› leiden nicht selten unter Allergien (Staub, Tierhaare, Pollen, Schimmel, Federn). Juckende, brennende Hautausschläge mit Schwellungen gehören auch ins Arzneimittelbild von Arsenicum.
Arsenicum kommt sowohl bei chronischen Erkrankungen wie auch bei Akutfällen zum Einsatz. Bei Durchfall und Erbrechen (gleichzeitig!) kommen in der Homöopathie eine ganze Anzahl Heilmittel in Frage. Treten die Beschwerden jedoch nach Genuss verdorbener, kalter oder ungewohnter Nahrung auf, ist Arsenicum das Parademittel.
Arsenicum-Symptome verstärken sich nach Mitternacht (besonders von 1 – 2 Uhr) oder mittags (von 13 – 14 Uhr). Treten Beschwerden mit Angst und Unruhe in dieser Zeit auf, sollten wir immer an Arsenicum denken.
Die Schmerzen sind hauptsächlich brennend und können in (genauer!) Periodizität auftreten (z. B. jeden Tag, jede Woche, alle 2 Wochen, jedes Jahr).
Arsenicum-Menschen mangelt es an körperlicher Wärme, sie erkälten sich rasch und strahlen keine emotionale Wärme aus. Sie sind so frostig, dass sie sogar auf einen brennenden Hautausschlag warme oder heisse Anwendungen verlangen und Besserung dadurch erfahren.
Wirkt bevorzugt auf
zentrales und vegetatives Nervensystem, Hormondrüsen, Nieren, Haut, Magen-Darmkanal.
Passt besonders zu
peinlich exakten, ordnungsliebenden Menschen (Zahnärzte, Goldschmiede, Buchhalter etc.). Arsenicum-Patienten sind unruhig und ängstlich, oft kleinlich, geizig, übelnehmerisch, erschöpft.
Hauptindikationen:
- Schwächezustände
- Schilddrüsenstörungen*
- Fingernägelkauen
- Akute Magen-Darmentzündungen
- Brechdurchfälle
- Neuralgien
- Hautausschläge
- Ödem, Lymphstau durch radioaktive Strahlen (Krebsbehandlung)
- Schmerzhafte (Brennen) Beingeschwüre
- Gürtelrose*
- Nierenentzündungen*
- Schnupfen, Heuschnupfen
- Asthma* bei schwachen Kindern
Besonders wichtig für die Mittelwahl:
Folgen von Chemotherapie (Krebs) / Genuss verdorbener Nahrung*, wässriger Früchte, eiskalter Getränke und Eiscreme.
Symptome:
Abhängigkeit von anderen Personen, Angst sie zu verlieren, Angst vor dem Alleinsein. Tadelsüchtig. Angst mit Unruhe. Angstgefühl im Magen / Häufig ohnmächtig.
Schwäche und Erschöpfung nach geringster Anstrengung und trotzdem Unruhe und Bewegungsdrang / Schlaflosigkeit infolge Übermüdung. Schlafstörungen der Kinder durch Angstgefühle um Mitternacht (sind erst im Bett der Mutter ruhig) / Wundmachender Schnupfen / Unstillbarer Durst auf kleine Mengen kalten Wassers / Bläuliche Aphthen / Stark brennende, nässende Hautausschläge.
Allgemeines:
Brennende Schmerzen und Absonderungen. Periodisch wiederkehrende Beschwerden.
Modalitäten:
Schlimmer bei Vollmond, am Meer, durch Kälte um oder nach Mitternacht. Im Freien (Schnupfen). Temperaturwechsel (Wetter, Entkleiden). Speisegeruch, Anblick von Speisen, kalte Speisen, Getränke, Alkohol. Berührung (z.B. Haare). Besser durch Wärme in jeder Form (trotz Brennschmerz)!
Quellen:
Homöopathischer Ratgeber „Arzneimittelwesen“ von Ravi Roy und Carola Lage-Roy
Similasan https://www.similasan.swiss/de

Judith Bonfanti ist Schülerin von Ravi Roy, dem bekannten indischen Homöopathen, der seit vielen Jahren in Deutschland Ausbildungen anbietet, und sie wendet seit Jahren die Homöopathie mit Erfahrung an.